Bei der zweiten Ausgabe der Veranstaltungsreihe Mikrokosmos Amateurfußball am 10. Mai in Fürth wird es auch um die Frage gehen, wie der Amateurfußball mit dem Thema eSport umgehen soll. Prof. Dr. Carmen Borggrefe, die sich kürzlich vor dem Sportausschuss des Bundestags für eine Grenzziehung zwischen eSport und traditionellem Sport ausgesprochen hatte, und ihr Kollege Andreas Hoffmann beziehen in einem Gastbeitrag Position.
eSport: eine Herausforderung für den Amateurfußball
Von Carmen Borggrefe und Andreas Hoffmann
Der sogenannte „eSport“ bezeichnet wettkampfmäßige Computer- und Videospiele. Aktuell findet zu diesem Begriff eine breite öffentliche Diskussion in den Medien, der Politik und den Sportverbänden darüber statt, ob der eSport in den organisierten Sport aufgenommen und somit als eigene Sportart anerkannt werden soll oder nicht. Unter anderem hält der Koalitionsvertrag der momentanen Bundesregierung fest, eine solche Integration des eSports vorantreiben zu wollen. Aus diesem Grund beriet sich erst kürzlich, im Februar dieses Jahres, der Sportausschuss des Deutschen Bundestages, wie mit dieser Thematik umgegangen werden soll – bislang noch ohne finales Ergebnis.
Auch zahlreiche Verbände, allen voran der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und der Deutsche Fußball-Bund (DFB), positionierten sich in der jüngeren Vergangenheit zu dieser Problematik. Sie präferieren eine Integration lediglich von sportbezogenen Spielen in den organisierten Sport: also zum Beispiel die Aufnahme des wettkampfmäßigen Spielens von Fußballsimulationen wie FIFA 19 oder Pro Evolution Soccer 2019 unter das Dach des DFBs. Dabei wird aber außer Acht gelassen, dass sportbezogene Spiele vor allem im Verhältnis zu den MOBA- (Multi-Online-Battle-Arena) und Shooter-Spielen wie League of Legends oder Counter Strike nur einen geringen Anteil am eSport-Markt ausmachen. Eine solche Teilintegration schließt also den weitaus größten Bereich des eSports aus. Zudem wird argumentiert, dass sich durch das Anbieten von eSport in Sportvereinen wieder vermehrt Kinder und Jugendliche für die dortigen analogen Sportangebote begeistern ließen. Doch warum sollte jemand, der beispielsweise von FIFA 19 fasziniert ist, plötzlich mit dem Fußballspielen auf dem grünen Rasen beginnen? Im Gegenteil: Man würde sich Konkurrenz in die Vereine holen, was dazu führen könnte, dass man aktive Fußballer verliert an Angebote, die mit dem eigentlichen Sport nichts zu tun haben. Dies scheint also wenig plausibel.
Vielmehr scheinen für die Sportverbände wohl das kommerzielle Potenzial und die Vermarktungsmöglichkeiten der eSport-Industrie verlockend zu sein. Darüber hinaus hat es den Anschein, dass sie sich durch die Aufnahme des eSports ein moderneres Image versprechen aus Angst, bei Kindern und Jugendlichen als „unmodern“, „verkrustet“ oder „traditionell“ zu gelten. Ähnlich die Politik, die sich durch eine vermeintlich positive Aufgeschlossenheit gegenüber Computerspielen möglichst viele junge Wählerstimmen sichern will. Den eSport-Organisationen selbst geht es wohl vor allem darum, mit einer Anerkennung von der gesellschaftlichen Legitimation des Sports zu profitieren.
Dass der eSport ein wachsendes gesellschaftliches Phänomen darstellt, kann und soll nicht geleugnet werden. Warum Fußballverbänden und -vereinen dennoch zu empfehlen ist, sich vom eSport abzugrenzen, wird Andreas Hoffmann aus einer soziologischen Perspektive in seinem Vortrag bei der Veranstaltung „Mikrokosmus Amateurfußball“ am 10. Mai 2019 in Fürth verdeutlichen.
Über die Autoren:
Prof. Dr. Carmen Borggrefe leitet die Abteilung Sportsoziologie und -management des Instituts für Sport- und Bewegungswissenschaft der Universität Stuttgart. Ende Februar hatte sie der Sportausschuss des Bundestages als Sachverständige zum Thema eSport geladen.
Andreas Hoffmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Sportsoziologie und -management des Instituts für Sport- und Bewegungswissenschaft der Universität Stuttgart. Er wird am 10. Mai in Fürth den einführenden Vortrag zum Thema eSport halten.
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